Wie lange dauert das Laden und welche Infrastruktur ist dazu notwendig, was kostet sie und welche Strom-Kapazitäten sind überhaupt möglich? Das sind die wohl drängendsten Fragen beim Einsatz von E-Lkw. Jeder der mit dem Einsatz eines batteriebetriebenen schweren Nutzfahrzeugs liebäugelt, muss auch frühzeitig an die dafür notwendige Lade-Infrastruktur denken. Bei der Pappas-Gruppe, wo man mit dem Einlangen der ersten Modelle des eActros (4×2) Anfang nächsten Jahres rechnet, hat man die Planung für eine Lkw-Ladesäule im Nutzfahrzeug-Zentrum Wiener Neudorf im Sommer 2020 begonnen. Ein Jahr später, Ende Juli 2021, wurde sie schließlich installiert.
Wir können Lkw nur nachts laden – sonst wird’s in der Werkstatt finster!
Andreas Hosinger, E-Experte bei Pappas
85.000 Euro investierte man bei Pappas dafür – zu den 50.000 Euro für die Ladesäule selbst, gesellten sich 35.000 Euro Baukosten (Fundament, Leitung legen, etc.). „Die herkömmliche Anschlussleitung vom Netz reicht für unsere Erfordernisse nicht aus“, erklärt Andreas Hosinger, der bei Pappas als Ansprechpartner zum Thema E-Mobilität für schwere Nutzfahrzeuge fungiert. „Den wenigsten ist bewusst, was es heißt, wenn ein Lkw – wie der eActros – 315 kWh Strom benötigt“, zieht er den Vergleich zu einem Tesla, der auf 75 kWh kommt. „Viele unsere Kunden glauben, das lässt sich mit der selben Wallbox, wie man sie vom Pkw kennt, bewerkstelligen.“
Eigener Trafo?
Am Pappas-Standort Wiener Neudorf – inmitten des Industriezentrums (!) Wiener Neudorf südlich von Wien gelegen – heißt das, das aufgrund des enormen Strombedarfs Lkw nur nachts geladen werden können. „Sonst wird’s in der Werkstatt finster“, meint Hosinger schmunzelnd. Vom Energieversorger gebe es kaum Unterstützung, kritisiert er. Einzige Möglichkeit, um friktionsfrei auch untertags laden zu können, bliebe die Errichtung eines eigenen Trafo, die eine Investition von rund 600.000 Euro mit sich bringt. Die Elektro-Förderung von maximal 20.000 Euro sei zudem auf die Verwendung von 100 Prozent Ökostrom beschränkt, was im Falle von Pappas derzeit nicht realisierbar sei, nicht zuletzt da man sich über die gesamte Gruppe an einen Stromlieferanten gebunden hat.
„Der Markt lechzt danach“
Die jetzt installierte Gleichstrom-Schnellladesäule am Pappas-Standort Wr. Neudorf liefert jedenfalls 100 kW Ladeleistung über zwei Ladestecker – bei maximaler Leistung von 160 kWh lasse sich der entscheidende Ladevorgang von 20 auf 80 Prozent Batteriekapazität in einer guten Stunde bewältigen, sagt Hosinger. Je voller die Batterie sei, desto langsamer erfolge die Ladung. Und: Schnelles Laden sei schadhaft für die Batterie, lässt er uns wissen.
Pappas-intern (am Standort Salzburg) testet man gerade ein Lademanagement: „Verbraucht tagsüber der Betrieb mehr Strom, als in Summe für Betrieb und Ladungen zur Verfügung steht, so wird die Ladeleistung an der Säule zurückgefahren, um den Betrieb aufrecht zu erhalten“, erklärt Hosinger. Bis Ende des Jahres will man hier praktikable Erkenntnisse gewonnen haben.
Dass Stromladen unterwegs mittlerweile sehr teuer ist, sei nur am Rande erwähnt. Für den Pappas E-Experten ist der Markt für die Elektromobilität trotzdem bereit – nach seinen Recherchen sei auch ausreichend nachhaltig gewonnener Strom (Wasserkraft) in Österreich vorhanden, um großflächig auf E-Lkw umsteigen zu können. „Der Markt lechzt danach“, sagt er abschließend. Er selbst habe vier Kunden an der Hand, „die morgen unterschreiben“ würden und am liebsten sofort einen eAtros im Einsatz hätten – dies meist aus Imagegründen, oder weil der Druck der Auftraggeber da sei. „Große Auftraggeber honorieren dies aber auch beim Frachtpreis“, so seine Erfahrung.
Im speziellen in der Entsorgungsbranche warte man sehnsüchtig auf den eEconic, der aber nach Einschätzung Hosingers nicht vor 2022 marktfähig sein wird.